Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS)

Organische Verbindungen, die vollständig (per-) oder teilweise (poly-) fluoriert sind

Verwendung

Schon seit siebzig Jahren produzieren Unternehmen per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in großen Mengen, um ganz unterschiedliche Materialien hitze-, wasser- und fettabweisend zu machen. Meist steht die Oberflächenbehandlung im Vordergrund, beispielsweise von Textilien, Haushaltsgegenständen und Baustoffen, in der Papierveredelung und in chemischen Spezialitäten. PFAS finden sich aber auch in Reinigungsmitteln, Löschschäumen, Kabelummantelungen, hydraulischen Flüssigkeiten und werden auch in der Metallurgie, Elektronik und Medizintechnik verwendet. Dabei können sie sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verwendung und der Entsorgung in die Umwelt gelangen und den Menschen belasten.

Nach OECD Schätzungen gibt es über 4000 PFAS, die teilweise oder vollständig fluoriert sind. Grundsätzlich wird zwischen Polymeren und Nicht-Polymeren unterschieden. Alle PFAS sind menschengemacht, sie kommen nicht natürlich in der Umwelt vor. Zu den Polymeren gehören Perfluorpolyether, Polymere mit fluorierten Seitenketten sowie Fluorpolymere wie das Polytetrafluorethylen (PTFE), das in unterschiedlichen Produkten unter den Handelsnamen Teflon®, Scotchgard™ und Goretex® bekannt ist.
Nicht-Polymere können sowohl perfluorierte als auch polyfluorierte Alkylverbindungen sein. Aus den polyfluorierten Stoffen können perfluorierte Verbindungen entstehen, beispielsweise durch Stoffwechselprozesse im Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen oder durch nicht-biologische Abbauprozesse in der Umwelt.

Daten der Umweltprobenbank

PFAS Untersuchungen sind einer der Schwerpunkte in der Umweltprobenbank. Es gibt viele Daten für perfluorierte sowie für einige polyfluorierte Alkylsubstanzen, die von jungen Erwachsenen sowie Pflanzen, Tieren und nicht-biologischen Proben der Binnengewässer, Küsten und terrestrischen Ökosysteme stammen. Für die meisten Probenarten gibt es auch Zeitreihen. Hierbei wurden sowohl regulierte als auch nicht regulierte PFAS untersucht.

Gefahren für Mensch und Umwelt

Perfluorierte Verbindungen sind in der Umwelt und im Menschen sehr langlebig. Je nach Stoffeigenschaft verteilen sie sich in den Umweltmedien, einige Verbindungen reichern sich auch in den Nahrungsnetzen an. Mit den Weltmeeren und über den Luftpfad können sie sich über die Erde verteilen und so auch die entlegenen Polarregionen erreichen. Einige der perfluorierten Verbindungen sind als toxisch bekannt.
Über die Wirkungen und das Verhalten von polyfluorierten Alkylverbindungen im Menschen und der Umwelt ist sehr viel weniger bekannt. Das ist angesichts der geschätzten Zahl von über 4000 PFAS eine große Herausforderung.

Die Leitkomponenten der PFAS, also die am häufigsten untersuchten und toxikologisch bewerteten Stoffe sind Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA). PFOS hat sich weltweit über die Gewässer und die Luft verbreitet und ist auch in allen Proben der Umweltprobenbank nachweisbar.

Rechtliche Regelungen

Bereits im Jahr 2001 hat der größte Produzent 3M die Produktion von PFOS in Europa eingestellt. Seit 2006 haben die EU Behörden die Verwendung von PFOS bis auf wenige Ausnahmen beschränkt. 2009 wurde PFOS in den Anhang B der Stockholm Konvention aufgenommen, der die Beschränkung der Produktion und Anwendung regelt. PFOS ist ein prioritär gefährlicher Stoff der Wasserrahmenrichtlinie. Die EU Länder überwachen die Umweltqualitätsnorm von 9,1 ng/g Frischgewicht Fisch zur Bewertung des guten chemischen Zustands der Gewässer.

Die Verwendung von PFOA sowie ihren Vorläuferverbindungen ist unter REACH beschränkt, die EU strebt eine Aufnahme in die Stockholm Konvention an. Eine Reihe weiterer PFAS stehen auf der REACH-Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHCs). Im Juni 2019 wurde GenX (ein kurzkettiger PFAS-Ersatz für PFOA in der Fluorpolymerproduktion) als erste Chemikalie aufgrund seiner persistenten, mobilen und toxischen Eigenschaften, die eine Bedrohung für Trinkwasser und Umwelt darstellen, in die SVHC-Liste aufgenommen. Mehrere PFAS stehen im fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CORAP), um in den kommenden Jahren bewertet zu werden.

Es stellt ich immer mehr heraus, dass angesichts von mehr als 4000 registrierten PFAS die Durchführung von Risikobewertungen für jeden einzelnen Stoff aber auch für eine umfassende Umweltüberwachung zum Verständnis der Exposition äußerst langwierig und aufwändig ist. Daher sind Behörden und Forschung auf der Suche nach ergänzenden und vorsorgenden Ansätzen zur Regelung von PFAS.

Bewertungsmaßstäbe für die menschliche Gesundheit

In der Umweltmedizin werden Messdaten aus Human-Biomonitoring Studien mit abgestimmten Bewertungsergebnissen toxikologischer und/oder epidemiologischer Studien verglichen. In Deutschland sind das die Human-Biomonitoring-Werte (HBM-I- und -II-Werte). Der HBM-I-Wert von 2 µg/L für PFOA und 5 µg/L für PFOS gibt jeweils die Stoffkonzentration im Blutplasma an, bei deren Unterschreitung nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist. Bei Überschreitung des HBM-II-Wertes a) für Frauen im gebärfähigen Alter von 5 µg PFOA/L bzw. 10 µg PFOS/L Blutplasma sowie b) für die übrigen Bevölkerungsgruppen von 10 µg PFOA/L bzw. 20 µg PFOS/L Blutplasma ist für die Betroffenen eine als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich. Blutplasmakonzentrationen über dem HBM-I-Wert, aber unter dem HBM-II-Wert weisen auf eine Exposition hin, bei der nach heutigem Kenntnisstand Effekte nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Sowohl die HBM-I-Werte als auch die HBM-II-Werte beruhen auf einer Beurteilung des populationsbezogenen Risikos im Hinblick insbesondere auf entwicklungstoxische Effekte und verringerte Geburtsgewichte, verminderte Fertilität, verringerte Antikörperbildung (Immunsystem), erhöhte (LDL- und Gesamt-) Cholesterin-Konzentrationen sowie Diabetes mellitus Typ II. Bei einer Bewertung des individuellen Risikos sind immer auch weitere Faktoren wie z.B. Alter, Lebensstil, genetische und familiäre Krankheitsanfälligkeiten etc. in die Bewertung einzubeziehen.

Laufende Untersuchungen

Routinemessungen

Das analytische Routinespektrum umfasst über 40 verschiedene PFAS. Dazu gehören die klassischen perflourierten PFAS-Vertreter wie PFOA und PFOS, aber auch deren Vorläuferverbindungen und Ersatzstoffe wie beispielsweise ADONA oder GenX. Ergänzend werden der TOP- und der dTOP-Assay als neue Methoden zur Erfassung der PFAS-Gesamtbelastung angewendet. Mit diesen Summenparametern lassen sich auch Informationen über unbekannte PFAS in Umweltproben gewinnen. Die Daten werden zudem regelmäßig in peer-reviewed Fachzeitschriften veröffentlicht.

Fluorbank

Das Umweltforschungszentrum (UfZ) Leipzig untersucht gemeinsam mit dem Technologiezentrum (TZW) Karlsruhe Umweltproben der Umweltprobenbank auf PFAS. Neben gezielten Nachweisverfahren für über 70 PFAS werden auch Non-Target Screening Verfahren eingesetzt, um nach bislang unbekannten Problem PFAS zu suchen. In dem Projekt Fluorbank werden auch summarische Methoden eingesetzt, um eine Gesamtbilanz für die Belastung der Umweltprobenbank Proben mit PFAS ziehen zu können.

SumPFAS

In sogenannten SumPFAS-Projekt untersuchten Forschende des Fraunhofer IME Schwebstoffproben aus deutschen Flüssen auf über 40 bekannte PFAS. Zusätzlich wurden die Proben auch mithilfe des dTOP-Assays auf unbekannte PFAS analysiert. Neben den Proben der Umweltprobenbank wurden auch Schwebstoffproben der Bundesländer untersucht, um einen breiten Überblick über die PFAS-Belastung in deutschen Gewässern zu erhalten. Die Ergebnisse werden auf einer eigenen interaktiven SumPFAS-Webseite veröffentlicht und grafisch dargestellt. Ergänzend wurden die Daten in zwei peer-reviewed Fachzeitschriften (Environmental Science & Technology und Science of The Total Environment) publiziert.

Untergruppen

Probenarten

Probenahmegebiete

Untersuchungszeitraum

1982 - 2022

Weiterführende Informationen

Verweise auf externe Informationen und gesetzliche Regelungen

Literaturangaben